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Wer im schönen Prag einen Nachmittag im legendären Kaffeehaus "Slavia“ bei einem Kava vertrödelt und seine Augen durch das Lokal streifen lässt, der kann dort angeblich nicht nur Vaclav Havel hie und da mit einem Joint sitzen sehen, sondern auch eine Menge gut, eigen und fantasievoll gekleideter Gäste. Von Antje Mayer.

Modische Auferstehung

Prags Modeszene boomt

Die globalen H&M-Trash-Uniformen scheinen sich an der Moldau nicht so recht durchgesetzt zu haben. Selbst die rituell tennisbesockten Exil-Amis und die C&A-Blouson-ten deutschen Touristen scheinen sich dort angesichts der traditionsreichen Kulisse modisch am Riemen zu reißen.

Wo ein Angebot, da auch besser gekleidete Leute. Wer durch die kleinen Gässchen der Malá Strana und des Altstädter Rings bummelt, entdeckt dort unzählige Modeboutiquen tschechischer Designer. Sei es die Fashion Gallery von Helena Fejková in der Lucerna-Passage, die Art & Fashion Gallery von Ivany Follové, der Schneidersalon TTT in der Táboritská 15 (der Schneiderstraße) oder die Boutique Colette (Koubkova 17), die heimische Designer führt. „Die Modeszene boomt derzeit in Prag“, bestätigt auch Iva Janáková, Kuratorin am Museum für dekorative Kunst Prag. Eine Institution, die im übrigen über eine hervorragende Sammlung tschechischer Mode bis zur jüngsten Gegenwart verfügt.

In der Periode der ersten Republik (1918-1939) galt Prag international als einer der Modezentren Europas. Im Westen, von Hamburg bis Paris, war Textildesign aus der Moldaustadt ein Begriff. Die Böhmen waren nicht nur berühmt für ihre Küche (vor allem in Wien), sondern auch für ihre große Handwerkstradition: Das fand seinen Ausdruck nicht nur in der Grafik, sondern auch im Alltagsdesign, der Architektur und der Mode eben. Durch den Zweiten Weltkrieg und weil viele bekannte jüdische Schneider und Couturiers verschleppt und ihre Salons von den Nazis geschleift wurden, fand diese Ära ein jähes Ende.

„Trotz der ideologischen Repressionen durch die Nazis und Kommunisten haben wir immer wieder Weltklasse-Mode geschaffen“, meint jedoch Konstantina Hlaváková, Expertin für tschechische Mode am Museum für dekorative Kunst in Prag. „Unsere Designer und Schneider sind hervorragend trainiert und ihre Lust nach Eleganz, Schönheit und gut gemachter Kleidung lässt uns Tschechen modisch immer wieder auferstehen.“


Das Museum für dekorative Kunst Prag, u(p)m, publiziert zum Thema eine Buchreihe, die die tschechische Mode von 1870 bis heute dokumentiert Nun ist der vorerst letzte Band von Hlavácková, Konstantina, „Czech Fashion 1940-1970. Mirror Of The Times” auf Englisch erschienen.



erschienen in Kunstzeitung Nr.75/Nov.02,S.25
> Kaffeehaus Slavia (Prag) > Helena Fejkova-Fashiondesign (Prag)- > Ivany Follové (Prag)- > Museum of decorative arts-